Humor, Musik und soziale Kontakte – natürliches Doping für unser Hirn
Der Anteil älterer Menschen an der Schweizer Bevölkerung nimmt zu. Hochrechnungen des Bundes zeigen: Im Jahr 2017 Geborene werden nach ihrem 65. Geburtstag noch rund 28 bis 30 Jahre leben. Evelyn Mauch, Neurologin und leitende Ärztin santé24, erklärt, warum kognitive Fähigkeiten entscheidend sind für ein gesundes Altern. Und wie dem schleichenden Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit entgegengewirkt werden kann.
Von Daniela Gerber
Das menschliche Gehirn nimmt permanent Signale aus der Umwelt wahr, verarbeitet Erlebnisse und ermöglicht das Denken und Fühlen. Ein komplexes Zusammenspiel verschiedener geistiger Kompetenzen. Doch mit dem Körper altert auch das Gehirn. Die Neuronen (Nervenzellen) arbeiten langsamer – kognitive Leistungen wie Erinnerungsvermögen, Wahrnehmungsfähigkeit, Sprech- und Hörvermögen oder die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung nehmen ab. Ungünstige Parameter wie sportliche Inaktivität, Rauchen, fehlende soziale Kontakte sowie Bluthochdruck und Diabetes können die Hirnleistung zusätzlich beeinträchtigen.
Die gute Nachricht: Wir haben unsere «Hirnfitness» weitgehend selbst in der Hand. «Ein aktiver, gesunder Lebensstil trägt mehr als 60 Prozent zur Hirngesundheit bei», erklärt Neurologin Evelyn Mauch. Und: «Mit gesunden Verhaltensweisen kann das Demenzrisiko um bis zu 43 Prozent gesenkt werden.» Ein weiterer wichtiger Baustein für ein leistungsfähiges Gehirn ist die Ernährung. Sie sollte zuckerarm sein und aus viel Gemüse, Beeren, Eiweiss und Omega-3-Fettsäure-haltigen, möglichst unverarbeiteten Nahrungsmitteln bestehen.
Was braucht unser Hirn, um langfristig gesund zu bleiben?
«Die Forschung zeigt, dass sich bis ins hohe Alter neue Nervenzellen bilden», sagt Mauch. Denn so wie Sport unseren Körper fit hält, lasse sich auch unser «Denkmuskel» trainieren. Mauch ergänzt: «Unser Hirn braucht regelmässige spielerische Herausforderungen, um leistungsfähig zu bleiben. Seien es neue Aufgaben im Beruf oder ein soziales Engagement. Je mehr Freude und Leichtigkeit dabei im Spiel ist, umso mehr aktivieren diese Reize verschiedene Hirnregionen. Es entstehen laufend neue Verbindungen zwischen den Nervenzellen, sogenannte Synapsen.» Wer zudem mit wachem Interesse durchs Leben geht, trotz der unsicheren Weltlage und persönlichen Rückschlägen den Humor nicht verliert und möglichst generationsübergreifend soziale Kontakte pflegt, stärkt Gehirn und Wohlbefinden nachhaltig.
Musik kann die Hirnalterung verlangsamen und ist gut für die Seele
«Man ist nie zu alt, um ein Musikinstrument zu erlernen», betont Mauch. «Musizieren reduziert nicht nur Stress, es aktiviert auch mehrere Gehirnareale gleichzeitig. Musikalisches Training fördert die Konzentrations- und Problemlösungsfähigkeit, stärkt die Gedächtnisleistung und macht einfach Freude», ergänzt die Neurologin. Und stellten sich nach einer gewissen Zeit der Übung erste Erfolge ein, wirke sich das auch positiv auf die Psyche aus. Gleiches gilt für das Tanzen: Die Bewegung zu Musik trainiert nicht nur das Herz-Kreislauf-System, sondern auch das dynamische Gleichgewicht und die räumliche Orientierung. Die vielen Schritte und Drehungen erfordern ein Höchstmass an Konzentration und stimulieren das Gehirn auf verschiedenen Ebenen. «Studien zeigen zudem, dass Musizieren, Tanzen oder auch Singen mit anderen Menschen das Zusammengehörigkeitsgefühl fördert und das Wohlbefinden stärkt», sagt die santé24-Ärztin.